Wasserstoff – Risiken erkennen und vermeiden

Aktuell in aller Munde und doch bereits seit vielen Jahren Einflussfaktor auf unsere Gesellschaft: Wasserstoff.

Trotz seiner enormen Präsenz fühlen sich mehr als dreiviertel der Öffentlichkeit zu wenig über den Umgang mit Wasserstoff informiert, wie aus Umfragen eines Web-Seminars hervorgeht, welches C.A.R.M.E.N. e.V. in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) zum Thema „Wasserstoffanwendungen zu Hause – worauf ist bei Wasserstoff als Energiespeicher zu achten?“  im April 2023 durchgeführt hatte. Im Zuge verschiedener Beratungstätigkeiten kommt zudem vermehrt die Frage auf „Ist Wasserstoff denn nicht gefährlich?“ Dieser Frage wird im folgenden Artikel auf den Grund gegangen. 

Eingangs sei erwähnt, dass Wasserstoff ein Energieträger  und nicht wie teilweise fälschlich angenommen eine Energiequelle ist. Er „trägt“ Energie und kann wie bei allen Energieträgern aufgrund gewisser Eigenschaften  Gefahren bergen.

Wasserstoff ist das leichteste aller chemischen Elemente. Aufgrund seiner geringen Dichte sogar 14-mal leichter als Luft. Dies hat zur Folge, dass sich Wasserstoff beim Austritt in der Regel sehr schnell nach oben hin ausbreitet. Das Gas verflüchtigt sich somit relativ rasch, im Gegensatz zu schwereren Gasen.

Herausforderung Nr. 1: Erscheinungsbild

Als Gas ist er sowohl farb- als auch geruchslos. Prinzipiell gilt Wasserstoff als gesundheitlich unbedenklich, kann aber erstickend wirken, wenn es den Luftsauerstoff in zu hohem Maße verdünnt. Dieses Szenario ist allerdings nur in geschlossenen, nicht belüfteten Räumen denkbar. Um das Vorhandensein von Wasserstoff-Gas festzustellen, gibt es erprobte Detektionssysteme.

Herausforderung Nr. 2: Brand- und Explosionsverhalten

Reiner Wasserstoff ist weder brennbar noch explosiv. Damit es so weit kommt, benötigt es zwei weitere Komponenten: einen Oxidator, also einen Reaktionspartner wie zum Beispiel Sauerstoff, Chlor oder Fluor und eine Zündquelle. Erst wenn alle drei Faktoren zusammenkommen, kann eine Entzündung stattfinden. Dabei hat Wasserstoff eine deutlich höhere Flammengeschwindigkeit als kohlenstoffbasierte Gase.

Bei Tageslicht hat Wasserstoff eine kaum sichtbare Flamme. Diese gilt es im Brandfall sichtbar zu machen, z. B. durch den Einsatz von Wärmebildkameras.

Die untere und obere Explosionsgrenze definieren den Bereich, in welchem ein Gemisch aus brennbarem Gas und Luft explosionsfähig ist. Die nachfolgende Darstellung zeigt den Explosionsbereich von Wasserstoff im Vergleich zu Methan (Hauptbestandteil von Erdgas, neben CO2 das häufigste Treibhausgas in der Atmosphäre).

Auffällig hierbei ist, dass der Explosionsbereich bei Wasserstoff sechsmal größer ist als bei Methan.

Genauso wie bei Methan müssen also entsprechende Maßnahmen getroffen werden. Hierzu zählen u.a. ein ausreichender Sicherheitsabstand zu Zündquellen, insbesondere solchen, die durch elektrostatische Reibung entstehen können, sowie die generelle Vermeidung der Bildung eines zünd- und explosionsfähigen Gemisches.

Generell gilt auch im Umgang mit Wasserstoff die Verordnung zum Schutz vor Gefahrstoffen (GefStoffV). Entsprechende Maßnahmen und Sicherheitsvorkehrungen sind auf der Seite des Bundesministeriums für Justiz nachzulesen. (https://www.gesetze-im-internet.de/gefstoffv_2010/)

Herausforderung Nr. 3: Korrosion

Eine weitere Herausforderung stellt die Materialversprödung, auch „Korrosion“ genannt, durch Wasserstoff dar. Dies geschieht dadurch, dass das Gas in die Kristallgitter eines Metalls eindringt und in Anwesenheit von Sauerstoff das betroffene Material zerstört. Allerdings ist dieser Sachverhalt bereits lange bekannt und kann durch die Wahl korrosionsresistenter Materialien wie beispielsweise Edelstahl, Aluminium oder Titan, vermieden werden.

Exkurs: Gefährdungsbeurteilung durch Hersteller und Betreiber

Generell ist Wasserstoff kein neues Thema, im Gegenteil es ist eines der am ausführlichsten erforschten Elemente unseres Planeten. Aufgrund dessen sind damit einhergehende Risiken gut erkenn- und vermeidbar. Arbeitgeber sind nach dem Arbeitsschutzgesetz dazu verpflichtet, eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Beim Einsatz von Wasserstoff ist die Untersuchung von daraus resultierenden Gefahren und die Ableitung von Maßnahmen zu deren Vermeidung ein Teil dieser Gefährdungsbeurteilung. In hierarchischer Struktur werden die vier Stufen der Schutzmaßnahmen dargestellt.

Ganz oben auf der umgekehrten Pyramide stehen die Substitutionsmaßnahmen. Es ist einfache Logik, dass die effektivste Schutzmaßnahme ist, ein Risiko durch einfaches „Entfernen“ dessolchen zu verhindern.

In vielen Fällen ist dies allerdings nicht möglich, woraufhin die zweite Stufe der Pyramide folgt: die technischen Maßnahmen. Beispielhaft hierfür wären im Falle des Explosionsschutzes bauliche Einrichtungen oder auch Belüftungsanlagen.

Sind auch technische Maßnahmen nicht möglich, um eine Gefahr zu verhindern, folgen die organisatorischen Maßnahmen. Müssen zum Beispiel Arbeiten in explosionsgefährdeten Bereichen stattfinden, so nur durch geschultes Personal, welches regelmäßige Unterweisungen erfährt.

Die letzte Ebene der Schutzmaßnahmen bilden die persönlichen Maßnahmen. Die ausgebildeten Mitarbeiter tragen z.B. im Gefahrenbereich nur antistatische Arbeitskleidung, sodass eine Zündquelle durch elektrostatische Reibung ausgeschlossen werden kann.

Fazit

Wasserstoff hat bereits in der Vergangenheit und wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle als Energieträger oder Ausgangsstoff für die stoffliche Nutzung in unserer Gesellschaft spielen. Im Umgang mit Wasserstoff gibt es einiges zu beachten. Die damit verbundenen Gefahren sind allerdings weitgehend bekannt und beherrschbar. Wird Wasserstoff weder über– noch unterschätzt und werden die richtigen Schutzmaßnahmen angewandt, ist eine Angst davor unbegründet.