Wasserstoff als Energieträger in der Landwirtschaft – kleines Molekül mit großer Wirkung?

Wasserstoff (H2) gilt als wahres „Multitalent“ und entscheidend für das Erreichen der Klimaziele und das Gelingen der Energiewende. Aber was hat es damit eigentlich genau auf sich und was hat das mit der Landwirtschaft zu tun? Wasserstoff ist das häufigste Element unseres Universums und dabei gleichzeitig das kleinste und leichteste. Weitere Grundlagen sind in der folgenden Infobox zu finden.

Herstellung

In der Natur kommt Wasserstoff in seiner Reinform aber kaum vor, d. h. er muss erst mithilfe von Energieaufwand (am besten aus Erneuerbaren Energien) erzeugt werden. Deshalb ist Wasserstoff ein Energieträger und keine Energiequelle. Er lässt sich beispielsweise durch die sog. Elektrolyse herstellen. Dabei wird Wasser durch Zuhilfenahme von Strom in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt, wie die nachfolgende Reaktionsgleichung zeigt.

Heutzutage werden aber weltweit etwa 70 % des Wasserstoffbedarfes durch Dampfreformierung von Erdgas produziert. Dabei entstehen CO2-Emissionen, die in die Umwelt gelangen. Ziel ist es daher in Zukunft unseren Bedarf an H2 aus Erneuerbaren Quellen zu decken, wie z. B. die Elektrolyse mit EE-Strom oder die Herstellung von Wasserstoff aus Biomasse.

Wirtschaftlichkeit

Ein wichtiger Punkt ist natürlich auch die Wirtschaftlichkeit. Diese ist vielerorts bei Wasserstoffprojekten (noch) nicht bzw. nur schwer realisierbar. Deshalb ist es unumgänglich jeden Standort individuell zu betrachten und die Möglichkeiten der Nutzung aller entstehenden Haupt- und Nebenprodukte zu eruieren. Eine grobe Kostenabschätzung für die Wasserstoffproduktion aus Elektrolyse ergibt etwa 5,5 € pro kg Wasserstoff bzw. 16,5 ct/kWh (Annahmen: 5.000 Vollbenutzungsstunden pro Jahr, Anschaffungswert Elektrolyseur: 1.500 €/kW, Abschreibung über 10 a, elektrischer Wirkungsgrad: 61 %, Strombezugspreis: 5 ct/kWh). Die wichtigsten Einflussgrößen sind dabei Wirkungsgrad, Strombezugspreis, Anschaffungswert und Vollbenutzungsstunden. Ab etwa 4.000 Vollbenutzungsstunden pro Jahr nimmt deren Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit deutlich ab, weshalb eine hohe Auslastung empfehlenswert ist.

Wie sich eine Veränderung der Hauptflussgrößen auf die Wasserstoffgestehungskosten auswirkt, ist in der nachfolgenden Abbildung dargestellt (eigene Berechnung).

Der erzeugte Wasserstoff wird anschließend meist in Drucktanks bis zur späteren Verwertung zwischengespeichert. In welchen Bereichen er abschließend genutzt wird, kann sehr vielfältig sein. So kann Wasserstoff erzeugt, gespeichert und bei Bedarf für die Mobilität oder zur gekoppelten Strom- und Wärmeerzeugung Anwendung finden. In der Landwirtschaft könnte damit beispielsweise Dieselkraftstoff substituiert oder im Winter die Strom- und Wärmeversorgung in der Tierhaltung und dem Wohnhaus sichergestellt werden.  Dabei wird der Wasserstoff üblicherweise in einer Brennstoffzelle rückverstromt. Diese kehrt die Reaktion der Elektrolyse um – es entstehen Strom und Wärme.

Wasserstoff-Traktor

Im Gegensatz zu Dieselkraftstoff wird Wasserstoff als Antriebsquelle wohl weniger in Verbrennungsmotoren sondern vielmehr in Brennstoffzellen zur Anwendung kommen. Brennstoffzellen weisen einen Wirkungsgrad von etwa 60 % auf, während der Dieselmotor ca. 40 % erreicht. Fendt präsentierte im Frühjahr 2023 in Straubing einen Traktor der 200 PS Klasse, der mit einer Brennstoffzelle ausgestattet war. Die Wasserstoff-Versorgung geschieht dabei über Drucktanks, die auf dem Dach untergebracht sind und etwa 15 kg Wasserstoff speichern können, was ca. 80 Litern Dieselkraftstoff entspricht.

Eine große Herausforderung stellt die Logistik und Speicherung im Fahrzeug und an der Tankstelle dar. So muss gasförmiger Wasserstoff auf mindestens 300 bar verdichtet werden, um eine akzeptable Autarkie auf dem Feld zu erreichen. Die heute oft üblichen Hoftankstellen für Dieselkraftstoff wären mit Wasserstoff kaum zu realisieren, denn der Preis einer Wasserstoff-Tankstelle wird um ein Vielfaches höher sein.

Fazit

Die Landwirtschaft sowie Biogasbetriebe weisen großes Potenzial bei der Herstellung von Wasserstoff und möglichen Folgeprodukten auf. Hier können Synergien entstehen und die Wertschöpfung im ländlichen Raum gestärkt werden. Wasserstoff ist ein sauberer und vielseitig einsetzbarer Energieträger, der als saisonaler Energiespeicher dienen und fluktuierende Quellen ausgleichen kann. Die Wirtschaftlichkeit ist aber aktuell noch schwer darstellbar. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die Effizienz eines Wasserstoffsystems (z. B. zur Gebäudebeheizung) teils hinter anderen Technologien zurückbleibt. Je nach Motivation und Ist-Situation kann Wasserstoff aber dennoch eine gute Lösung sein. Ziel muss aber die Deckung unseres Bedarfs aus 100 % erneuerbarem Wasserstoff sein.

Förderung

Informationen zu Fördermöglichkeiten sind beispielsweise in der Förderübersicht Wasserstoff der Landesagentur für Energie und Klimaschutz (LENK), bei Bayern Innovativ oder bei C.A.R.M.E.N. e.V. verfügbar.