EU-Zertifizierungsrahmen soll zur Klimaneutralität beitragen

Das Europäische Parlament hat Ende November über einen neuen EU-Zertifizierungsrahmen für natürliche und technologische Maßnahmen zur Entfernung des Treibhausgases Kohlenstoffdioxid (CO2) aus der Atmosphäre abgestimmt. Mit dem Carbon Removals Certification Framework (CRCF) liegt ein Entwurf für einen Steuerungsrahmen vor, welcher den Einsatz solcher CO2-Entnahmen anreizen soll.

Wälder, Moore aber auch Baukonstruktionen aus Holz sind Kohlenstoffspeicher. Der Kohlenstoff stammt aus der Atmosphäre und wurde von der Pflanze im Zuge der Photosynthese als CO2 aufgenommen. Von dieser Kohlenstoffbindung profitiert das Klima, das Treibhausgas kann seine klimaschädliche Wirkung nicht mehr entfalten. Von daher ist es naheliegend, dass solche und ähnliche Maßnahmen zur möglichst dauerhaften Kohlenstoffbindung weiter vorangetrieben werden sollen. Die Ideen sind vielfältig, und ebenso vielfältig sind die Diskussionen um Initiativen und Technologien; nur nachhaltige Prozesse sollten unterstützt werden.

Natürliche und technische Maßnahmen zur CO2-Speicherung

Die Entnahme und Einspeicherung von CO2 durch natürliche und technische Maßnahmen wird als wichtiger Beitrag zur Erreichung der Klimaneutralität gesehen; sie soll die Bemühungen um die Vermeidung von Treibhausgasen ergänzen. Diskutiert wird gegenwärtig einerseits der so genannte natürlichen Klimaschutz – die klimaeffiziente Land- und Forstwirtschaft, im Englischen spricht man auch von Carbon Farming, dazu zählen beispielsweise Agroforstwirtschaft und sonstige kohlenstoffoptimierte Anbaumethoden – und andererseits die Speicherung des Kohlenstoffs in langlebigen Produkten wie dem Holzbau oder der Pflanzenkohle. Beide Varianten dienen letztlich dem Ausgleich anderweitig nicht vermeidbarer Restemissionen und sollen in den kommenden Jahren besonders vorangetrieben werden.

Ebenso im Fokus stehen technische Maßnahmen, mit welchen das Treibhausgas aus der Atmosphäre abgetrennt, eventuell zwischengenutzt und schließlich dauerhaft in unterirdische Lagerstätten verbracht werden kann. Techniken wie das so genannte Direct Air Capture (DAC), bei dem das Abscheiden des CO2 direkt aus der Umgebungsluft mittels Luftfilter geschieht, sowie Bioenergieanlagen mit CO2-Abscheidung aus dem Abgas, abgekürzt BECCS, werden derzeit breit diskutiert.

Seitens der Europäischen Kommission allerdings wird befürchtet, dass solche Initiativen und Investitionen in geänderte Land- und Waldbewirtschaftungsverfahren und in den verstärkten Einsatz innovativer Technologien unterbleiben könnten, wenn kein Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der Maßnahmen geschaffen werden kann. Deshalb hat die Europäische Kommission im vergangenen Jahr einen Zertifizierungsrahmen für den CO2-Abbau als vertrauensbildende Maßnahme vorgeschlagen, Ende November hat das EU-Parlament über dieses Instrument abgestimmt.

Die Abgeordneten des Parlaments stimmten für die Einrichtung eines Zertifizierungssystems, durch welches die CO2-Entnahmen in der Europäischen Union bestmöglich quantifiziert, überwacht und überprüft werden können. Der Steuerungsrahmen soll dazu beitragen, den CO2-Abbau zu erhöhen, indem Vertrauen aufgebaut und damit Initiativen und Investitionen angereizt werden, zugleich soll mit dem Instrument Greenwashing entgegengewirkt werden. Das System soll internationalen Standards entsprechen, ein von der Kommission einzurichtendes Unionsregister soll Transparenz gewährleisten und zur Vermeidung von Doppelzählung beitragen.

Generell wird die Notwendigkeit gesehen, zwischen Carbon Farming und der CO2-Speicherung in Produkten zu unterscheiden. Als Produkte sollen zunächst nur Holzprodukte und Baumaterialien betrachtet werden, deren Mindestspeicherzeit soll 50 Jahre erreichen können. Für DACCS und BECCS soll eine Mindestspeicherzeit von mehreren Jahrhunderten festgelegt werden, die Verwendung nachhaltiger Biomasse wird vorausgesetzt. Vom Carbon Farming erwartet man sich zusätzliche positive Nebeneffekte, “zumindest für das Nachhaltigkeitsziel des Schutzes und der Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme”, wie es im abgestimmten Entwurfstext heißt.

Der Vorschlag wird in den kommenden Wochen mit den Mitgliedsstaaten verhandelt werden. Begleitend zu diesem Prozess berät ein von der Europäischen Kommission eingerichtetes Expertengremium über fachliche Aspekte, unter anderem über mögliche Methoden der Zertifizierung. Eine erste Zusammenfassung der Arbeiten soll Mitte 2024 vorliegen.

Nähere Informationen zur Abstimmung über den Zertifizierungsrahmen (Carbon Removals Certification Framework – CRCF) gibt es auf der Internetseite des Europäischen Parlaments:

https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20231117IPR12212/co2-abbau-eu-zertifizierungsrahmen-soll-zur-klimaneutralitat-beitragen

Über die Tätigkeit der Expertengruppe (Expert Group on carbon removals) informiert eine Internetseite der Europäischen Kommission:

https://climate.ec.europa.eu/eu-action/sustainable-carbon-cycles/expert-group-carbon-removals_en