Erstes Treffen in Brüssel zur Zertifizierung von CO2-Entnahmen

Anfang März traf sich in Brüssel erstmals eine Expertengruppe, deren Aufgabe es ist, die Europäische Kommission bei der Entwicklung von Methoden zu unterstützen, welche zur Zertifizierung von Maßnahmen für die Entfernung des Treibhausgases Kohlenstoffdioxid (CO2) aus der Atmosphäre verwendet werden sollen. Im Blick hat die Kommission sowohl technische als auch natürliche Entnahme-Maßnahmen: die dauerhafte Verbringung des aus der Atmosphäre abgetrennten CO2 in unterirdische Lagerstätten, außerdem die klimaeffiziente Land- und Forstwirtschaft (Carbon Farming) sowie die Speicherung des Kohlenstoffs in dauerhaften Produkten wie Baustoffen und speziell Holzbau.

Mit der Erstellung des freiwilligen Zertifizierungsrahmens für CO2-Entnahmen beabsichtigt die Kommission einen Anreiz dafür zu bieten, dass bestimmte qualitativ hochwertige und nachhaltige Lösungen sowie innovative Technologien beschleunigt, entwickelt und umgesetzt werden. Das dafür erforderliche breite Spektrum an Finanzierungsmöglichkeiten setzt Vertrauen voraus; somit sind verlässliche, robuste, auf die Entnahme-Maßnahmen zugeschnittene Zertifizierungsmethoden gefragt, welche die Vorteile für Umwelt und Klima eindeutig bestätigen können.

Das Gremium, welches den Entwicklungsprozess berät, setzt sich aus 70 Expertinnen und Experten sowie aus Vertretern der Mitgliedsstaaten zusammen. Der Einstieg in die Diskussion des ersten Treffens zeigte, dass für das Erreichen der EU-Klimaziele nicht nur Emissionseinsparungen erforderlich sind, sondern zusätzlich die Entfernung derjenigen Treibhausgasemissionen, die anderweitig schwer zu vermeiden sind, sowie perspektivisch eine Entfernung bereits getätigter Emissionen. Die schwer vermeidbaren Emissionen müssen genau definiert werden. Technologien zur CO2-Entfernung sollten in den kommenden zehn Jahren entwickelt und erprobt werden, um spätestens ab Mitte des Jahrhunderts zum Tragen kommen zu können; zwar gibt es dazu bereits Aktivitäten, doch handelt es sich fast ausschließlich um Aufforstungsmaßnahmen.

In der Sitzung wurden die von der Kommission vorgeschlagenen Entnahme-Maßnahmen vorgestellt und Standpunkte dazu ausgetauscht, gegebenenfalls wurden die bestehenden Zertifizierungsmethoden sowie Überwachung und Berichterstattung erläutert, außerdem wurde über Hemmnisse und den weiteren Forschungsbedarf berichtet. Mehrere Maßnahmen sind in der Praxis bereits erprobt, mitunter fehlt es jedoch an einem passenden Rahmen für die Vermarktung der Kohlenstoffspeicherung, um weitere Investitionen anregen zu können. Herausforderungen sind unter anderem Messbarkeit, Zusätzlichkeit und Permanenz der Maßnahmen. Wird auf nicht permanente Kohlenstoffsenken gesetzt, dann kann dies unter Umständen zulasten zukünftiger Generationen gehen. Generell hat jede Entnahmetätigkeit auch Nebeneffekte, diese können positiv oder negativ sein, beispielsweise können sich Auswirkungen auf Biodiversität, Boden und auf das lokale Klima ergeben.
Weitere Diskussionsthemen waren die Verwendung der Zertifikate und die Erwartungen der Käufer sowie generelle Anforderungen an Zertifizierungen. Einzelne Expertinnen und Experten aus der Land- und Forstwirtschaft warnten vor der Gefahr eines eventuell nicht leistbaren zusätzlichen Verwaltungsaufwandes, andere mahnten Kosteneffizienz und Marktkompatibilität an sowie eine Berücksichtigung regionaler Unterschiede und eventueller Auswirkungen auf die Märkte.

Das nächste Treffen der Expertengruppe ist für Ende Juni 2023 angesetzt, dann soll es ausschließlich um Carbon Farming gehen. Zwei weitere Treffen im Herbst sollen sich mit Maßnahmen der dauerhaften Kohlenstoffspeicherung bzw. mit dem Zertifizierungsprozess befassen. Bis zum Ende des Jahres soll ein Bericht erstellt werden sowie ein Verzeichnis, in welchem die bestmöglichen Maßnahmen und Methoden und ihre Herausforderungen aufgeführt sind.

Nähere Informationen zur Expertengruppe und zu ihrem Arbeitsauftrag gibt es hier.

Bis Juni 2023 führt die Kommission eine öffentliche Konsultation zu den Klimazielen der EU durch, mit dem Zweck, ein neues Zwischenziel für 2040 festzulegen. Im Fragebogen der Konsultation können sich die Teilnehmenden auch zur Rolle der CO2-Entnahmen äußern.

Zu den Möglichkeiten und Hintergründen der CO2-Entnahme informiert das C.A.R.M.E.N.-Positionspapier „Carbon Capture, Utilization and Storage“.