Fünf Vorträge, jeweils mit unterschiedlichen Schwerpunkten zum “Thema Mehrweg” standen 2025 auf dem C.A.R.M.E.N.-Programm.
Danke!
Wir bedanken uns bei allen Referierenden und Teilnehmenden für die interessanten Einblicke in dieses zukunftsweisende Thema und freuen uns auf weitere spannende Projekte und Veranstaltungen.
Hier finden Sie die Zusammenfassung der Vorträge:
- Mehrweg Modell Stadt
- Mehrweg in der Hotellerie
- Mehrweg im Lebensmitteleinzelhandel
- Mehrweg-Pool und Pfandsystem für Weinflaschen
- Mehrweg-Ölflasche im Naturkostmarkt
1. Vortrag: Mehrweg Modell Stadt
Mehrweg Modell Stadt hat Rückgabestellen für Mehrwegbehältnisse von verschiedenen Mehrwegsystem-Anbietern getestet. Entweder in lokalen Geschäften oder über Rücknahmeautomaten im öffentlichen Raum. Ebenso wurde die Rücklogistik, hygienische Reinigung und erneute Bereitstellung von gereinigten Mehrweggegenständen in Mehrwegtransportverpackungen umgesetzt.
Getestet wurde die gebündelte Rücknahme und Rückführung aller Mehrwegsortimente, unabhängig vom Anbieter, basierend auf bereits bestehenden Logistik- und Mehrwegkreisläufen. Es folgte die Erkenntnis, dass übergreifende Rücknahme von Mehrweg To-Go Bechern funktioniert. Im Schnitt kamen 68% der Mehrwegbecher im Ausgabebetrieb wieder zurück, 78% im gleichen Unternehmen, aber in unterschiedlichen Betrieben. 22-32% der ausgegebenen Mehrwegbecher mussten im Schnitt letztlich zwischen den Betrieben ausgeglichen werden. Das bedeutet, Mehrweg To-Go findet in sehr lokalem Rahmen statt. Im Projekt wollte man eine verbraucherfreundliche Rückgabe gestalten, d.h. einfache Abgabe von Mehrwegbechern „überall“ war möglich, wobei die Netzwerkgröße immer abhängig von der Anzahl der vor Ort teilnehmenden Unternehmen war.
Fazit: Wichtig ist grundsätzlich, dass bei steigenden Mehrwegquoten betroffene (Gastro-)Unternehmen entlastet werden. Hier haben Kommunen gute Gestaltungsmöglichkeiten, im Dialog zwischen Kommunalverwaltung und Wirtschaft vor Ort kann existierende Logistik in die Rücknahme-, Spül- und Rückverteillogistik eingebunden werden. Das Projekt hat gezeigt, dass dies funktioniert, wobei eine 2-3 malige Abholung pro Woche zu beachten ist. Zur Finanzierung solcher Logistik ist eine gezielte Nutzung von öffentlichen Geldern denkbar, etwa aus dem Einwegkunststofffonds. (Weitere Vorträge siehe oben.)
2. Vortrag: Mehrweg in der Hotellerie
Zwischen 1950 und 2000 stieg die weltweite jährliche Kunststoffproduktion von 2 Mio. t auf 234 Mio. t. Im Jahr 2019 waren es bereits 460 Mio. t Kunststoff, die weltweit produziert wurden, davon stammten 430 Mio. t aus Neumaterial und nur 29 Mio. t aus Rezyklat. Einwegplastik macht mittlerweile 60 % der weltweiten Kunststoffproduktion aus.
Mit diesen Fakten als Grundlage zeigte Martina von Münchhausen vom WWF Deutschland im C.A.R.M.E.N. -WebSeminar „Mehrweg in der Hotellerie“ auf, welche Punkte Hoteliers sich bei der Umsetzung von Mehrwegsystemen wünschen: konkrete Unterstützungsmaßnahmen durch einfache und standardisierte Rücknahmelogistik von Behältern zur Mitnahme, ein flächendeckendes Pfandsystems, finanzielle und strategische Unterstützung und Beratung zum Beispiel durch die Hotelverbände und Best-Practice Beispiele. Als wirksamster Hebel wird durch die Befragten aktuell die Gesetzgebung erachtet, um die Einführung von Mehrwegmodellen zu beschleunigen.
Eine Befragung unter Hotelgästen, die von Münchhausen präsentierte, verdeutlicht: Hotelgäste stehen Mehrwegoptionen positiv gegenüber. Mehrweglösungen werden als ökologisch vorteilhaft gesehen, Einwegalternativen aber nicht als schlecht wahrgenommen.
Derzeit verfügbare Daten zum Abfallaufkommen im deutschen Hotelsektor seien zu unspezifisch. So wurde bislang nicht erhoben, in welchen Hotelbereichen wie viel Einwegmüll anfällt. Hier kann seitens der Hotelbetriebe Transparenz geschaffen werden. Nur so kann bei einer Umstellung auf Abfall vermeidende Modelle faktenbasiert kommuniziert werden, wie viel Einwegmüll wo eingespart wird. Zudem wird ein Austausch mit Verbänden als wichtig erachtet, um zu klären, was es von Seiten der Gastronomie als auch der Gäste braucht, um Hygienebedenken mit Blick auf Mehrweg abzubauen.
Hinsichtlich Mehrweg im Take-away-Bereich (z. B. Mehrwegmodelle für Lunchpakete oder Getränke zum Mitnehmen) waren die befragten Hotels unabhängig von ihrer Größe zurückhaltend. Als Hauptgrund wird die fehlende standardisierte Rücknahmeinfrastruktur genannt, aber auch fehlende Kapazitäten, sich tiefergehend mit Mehrwegoptionen auseinanderzusetzen. Wichtig wäre auch die Bereitstellung von Wissen: Welche Mehrweglösungen stehen in welchen Bereichen zur Verfügung, welche Modelle wurden bereits getestet und funktionieren? Hier wären Verbände, wie der DEHOGA aber auch andere weiterhin gefragt, zu informieren und diese Themen zu platzieren. Grundsätzlich scheint der Hotelsektor sich laut Martina von Münchhausen eher schleppend zu bewegen, was die Wichtigkeit einer ambitionierten Gesetzgebung unterstreicht. (Weitere Vorträge siehe oben.)
3. Vortrag: Mehrweg im Lebensmitteleinzelhandel
Das C.A.R.M.E.N-WebSeminar „Mehrweg im LEH“ mit Jonathan Schröder von CU Mehrweg, präsentierte Mehrwegbehälter für Trockenprodukte wie Nüsse, getrocknete Früchte, Linsen, Bohnen und Co oder auch andere trockene Produkte wie Süßwaren auf Pfandbasis, die individuell über ablösbare Etiketten gestaltet werden können.
Vorteil für Konsumentinnen und Konsumenten ist, dass dieses System die bestehende Infrastruktur im Handel nutzt. Die Pfandbehälter können einfach an bestehenden Leergutrücknahmeautomaten im Handel zurückgegeben werden. Gesäubert werden die Behälter laut Schröder von CU Mehrweg über eine zentralisierte Reinigung, angelehnt an die Standards der Getränkeindustrie, um anschließend von Lebensmittelherstellern wieder befüllt werden zu können. Dies alles erfolgt rückverfolgbar und gesteuert durch CU Mehrweg.
Derzeit bietet CU Mehrweg laut Schröder Behälter in zwei verschiedenen Größen aus leichtem und bruchsicherem Polypropylen an. Künftig sind weitere Behältergrößen aus unterschiedlichen Materialien geplant. Es wird auch eine optimierte Sauerstoffbarriere angestrebt, um weitere Produkte in Mehrweg anbieten zu können.
Erfolgreiche Tests in mehreren Märkten im Südwesten Deutschlands hat CU Mehrweg bestanden, weitere in zusätzlichen Handelsketten stehen auf dem Plan. (Weitere Vorträge siehe oben.)
4. Vortrag: Mehrweg-Pool und Pfandsystem für Weinflaschen
Mehrweg-Systeme für Bier und Softdrinks sind längst etabliert, doch die Weinbranche hinkt hier noch hinterher. Der Grund: Es gibt bisher keine einheitliche Standard-Weinflasche, die deutschlandweit über Pfandautomaten zurückgegeben werden kann. Farben, Formen und Verschlüsse variieren je nach Region und Winzer.
Seit gut zwei Jahren gibt es eine 0,75 l Wein-Mehrweg-Poolflasche, die dazu beitragen soll, die bisherigen Einweg-Weinflaschen zu ersetzen. Die wieder verwendbaren Weinflaschen aus Glas werden nach der Rückgabe gereinigt, geprüft und erneut befüllt. Werner Bender von der Wein Mehrweg eG, die diese Flasche entwickelt hat stellte die Vorzüge dieser Flasche in seinem Vortrag vor: so besitzt diese Flasche eine charakteristische Form zur besseren Unterscheidung von anderen Flaschen, sie läuft im Leergutautomaten, ist eindeutig erkennbar als Mehrwegflasche durch ihre Prägung und ist robust und somit für viele Umläufe geeignet. Passend zu den Flaschen wurde ein 6er Pfandkasten entwickelt, der den Transport im Handel erleichtert. Ebenso ist sie automatengängig und weist eine unverwechselbare Optik auf. Der Handel hat diese Weinflaschen-Mehrweginitiative positiv aufgenommen, so gibt es die Mehrwegflaschen und Kästen mittlerweile im inhabergeführten Wein- und Getränkefachhandel sowie im filialisierten Getränkefach(groß)handel, im Naturkost-Handel und natürlich auch im klassischen LEH, aktuell vorwiegend im Süddeutschen Raum, jedoch stieg auch die Anzahl der Listungen über ganz Deutschland.
Unerlässlich für diesen Erfolg war Hr. Benders Ansicht nach Überzeugung und das Erreichen einer kritischen Masse an Gründungsbetrieben, um starten zu können. Das alles gepaart mit Durchhaltevermögen, um das Projekt weiter voranzutreiben. Wünschenswert wären hierbei mehr politische Unterstützung durch Motivation und Aufklärung der Endverbraucher zum Thema Mehrweg und noch mehr Entschlossenheit aus dem Handel, das Thema Mehrweg bei Wein als Chance zu begreifen. Denn Mehrweg schont Ressourcen, spart Energie, vermeidet Abfall und verbessert die CO2-Bilanz. Die Wein-Pfandflaschen punkten durch geringere Gesamtkosten gegenüber Einweg bereits ab 2 bis 3 Umläufen, Kundenbindungsmöglichkeit durch Rückgabe von Leergut am Point of Sale, Stärkung des deutschen Weins in der Gastronomie in Deutschland durch Mehrwegbelieferung und Rücknahme analog zu anderen Getränken. (Weitere Vorträge siehe oben.)
5. Vortrag: Mehrweg-Ölflasche im Naturkostmarkt
Andrea Sippel von Bioplanete, einem Hersteller von Bio-Ölen berichtete in Ihrem Vortrag über die Mehrweg-Ölflasche, die Bioplanete zusammen mit dotch, einem Start-up, das sich um das Poolmanagement, die Bereitstellung, Leergutlogistik und Reinigung von Mehrwegbehältnissen kümmert. Bioplanete bietet verschiedenste Öle vorwiegend im Naturkosthandel an. Glasflaschen sind ideal für hochwertige und schützenswerte Speiseöle aufgrund des hohen Lichtschutzes, es findet keine Migration aus der Flasche ins Öl statt, wie es beispielsweise bei Kunststofflaschen häufig der Fall ist, Glas gewährt auch eine lange Haltbarkeit. Gleichzeitig bieten Mehrwegflaschen natürlich auch Umweltvorteile, denn jährlich werden ca. 320 Millionen Speiseöl- Einwegflaschen, in den deutschen Glascontainern entsorgt und bei ca. 1.600°C eingeschmolzen werden, um neue Flaschen zu produzieren. Dies bedeutet eine Ausstoß 85 000 t CO2, Verschwendung knapper Ressourcen und zudem Abhängigkeit von Erdgas, das zum Einschmelzen benötigt wird. Bioplanete hat zusammen mit dotch eine Standardflasche für Ölmühlen und Ölvertreiber auf den Markt gebracht, die man einfach am Pfandautomaten zurückgeben kann. Das Pfand beträgt 0,50 €. Sie besitzt einen Ausgießer für tropfenfreies Dosieren ist gewichtsoptimiert, lässt sich gut reinigen und ist mit bestehenden Produktionslinien kompatibel. Zudem bietet sie viel Fläche für Etiketten.
Wichtig auch: lt. Fr. Sippel gibt es aktuell nur eine einzige Standardflasche für alle Ölmarken statt viele Individualgebinde, wie bei Mineralwasser oder Bier. Diese Flasche ist für ca. 50 Umläufe nutzbar. Auf diese Weise wird nicht nur viel CO2, sondern auch Rohstoff eingespart. Bei 30 Umläufen spart kommt die Mehrwegflasche auf einen CO2-Ausstoß von 3,2 kg, die Einwegflaschen von 8,4 kg.
Mittlerweile sind die Flaschen in einem stabilen Kunststoff-Mehrwegträger auf dem Markt, anders als zu Beginn, wo eine Mehrwegkarton genutzt wurde. Zu finden sind diese Öle in Mehrweg-Flaschen im Naturkosthandel, wo sie an ca. 1500 Rückgabestellen auch wieder zurück gegeben werden können. (Weitere Vorträge siehe oben.)
Weitere Informationen
Rückblick 2024: C.A.R.M.E.N.-WebSeminar-Reihe “Mehrweg in der Gastronomie”: https://www.carmen-ev.de/2025/05/10/rueckblick-2024-c-a-r-m-e-n-webseminar-reihe-mehrweg-in-der-gastronomie/
C.A.R.M.E.N. e.V. hat eine Übersichtsseite zum Thema “Mehrweg” erstellt, die kontinuierlich erweitert wird: Mehrweg – Informationen, Systeme, Projekte und Aktionen.
Weitere C.A.R.M.E.N.-Infos und Aktionen rund um das Thema “Mehrweg” finden Sie hier: https://www.carmen-ev.de/tag/mehrweg/
Wir beraten und informieren Sie gerne rund um das Thema “Nachhaltige Beschaffung”. Eine Themenübersicht und unsere Ansprechpartnerinnen finden Sie hier: https://www.carmen-ev.de/nachhaltige-beschaffung/
